Wie erreicht man beim Schreiben den Zustand des Flow?
von Jurgen Wolff
Wahrscheinlich bist du mit dem Konzept des "flow" vertraut, wie es Professor Mihaly Csikszentmihalyi (sprich "chick-sent-me-high") ausführlich dargestellt hat. Es handelt sich dabei um einen Zustand, in dem man von seiner Tätigkeit so gefesselt ist, — egal, womit konkret man sich beschäftigt — , dass man jeden Bezug zur Zeit verliert. Oftmals ist es eine unglaubliche Erfahrung, wenn wir etwas, egal was, plötzlich einfacher, schneller und besser als normalerweise erledigen. Es ist natürlich großartig, wenn man beim Schreiben in einen solchen Zustand kommt ! Die Frage ist deshalb : Können wir einen solchen Zustand forcieren, anstatt zu warten und zu hoffen, dass er irgendwann spontan eintritt ? Der Professor bejaht diese Frage, und deshalb hier einige Empfehlungen, die dabei helfen können:
- Stelle dir beim Schreiben deine Aufgabe so, dass sie deinen Möglichkeiten entspricht oder dass du sie zumindest gerade noch bewältigen kannst. Wenn etwas zu schwierig oder zu einfach ist, kommst du niemals in den Zustand des Flow. Oft hilft es schon, eine größere Aufgabe einfach in kleinere Aufgabenfelder zu zerlegen, von denen jedes wieder dem richtigen Schwierigkeitsgrad entspricht. Beispielsweise kann es sehr entmutigend sein, mit einem neuen Buch oder Artikel zu beginnen, denn dabei werden wir mit der scheinbar fast nicht zu bewältigenden Größe des Projekts konfrontiert. Aber fange einfach mal damit an, es in Blöcke zu unterteilen, die einfacher zu handhaben sind. So könntest du dich beispielsweise entscheiden, eine Arbeitssitzung lang nur Recherchen zu betreiben, in einer anderen dann eine Kurzfassung zu formulieren und in einer weiteren einfach fünf Seiten herunter zu schreiben.
- Sorge dafür, dass du auf deine Arbeit eine unmittelbare Rückmeldung bekommst, so dass du beim Weitermachen weißt, ob das, was du tust, gut ist – oder nicht. Ganz generell brauchst du, wenn du anfängst, ein positives Feeling, und wenn du Glück hast, wirst du von deiner Aufgabe so in Anspruch genommen, dass du aufhörst, über dein Tun nachzudenken oder es ständig zu werten. Das soll natürlich nicht heißen, dass du das, was du schreibst, nicht mehr auf Qualität hin beurteilen sollst – aber das ständige Bewerten führt oft zu Stress und Schreibblockaden. Stattdessen bewerte einfach erst mal die Quantität: Wenn du dir beispielweise zum Ziel setzt, in einer zweistündigen Arbeitsphase fünf Seiten zu schreiben, dann solltest du eine Seite in ca 25 Minuten fertig bringen.
- Schaff dir eine Atmosphäre, in der du so wenig wie möglich abgelenkt bist. Noch einmal: Später, wenn du erst mal richtig dabei bist, wirst du sogar das Läuten des Telefons ignorieren. Aber es wird dir sicherlich helfen, wenn du in einer Umgebung beginnst, die es dir einfach macht, dich zu konzentrieren. Dazu gehört es auch, einen Zeitraum festzulegen, während dessen du nicht das Gefühl hast, eigentlich etwas anderes tun zu müssen. Leider ist es so, dass die Leute um uns herum das Schreiben oft nicht als ernsthafte Arbeit betrachten, und sie haben deshalb keine Hemmungen, uns einfach zu stören. Wenn das bei dir auch so ist, dann versuche, an einem anderen Ort zu schreiben, nicht zu Hause. Eine Bibliothek, ein ruhiges Café oder auch das Gästezimmer eines verständnisvollen Freundes können in Zeiten, wo du dich wirklich konzentrieren musst, eine Zuflucht sein.
VORGEHEN: Stell einen Plan auf, in welcher Zeit du dein Projekt fertig stellen willst, und schaffe dir dafür die genannten Voraussetzungen. Geh mit der Vorstellung an die Arbeit, dass es wunderbar ist, wenn der Flow eintritt, aber dass du auch viel zustande bringst, wenn er nicht eintritt (denn es ist lähmend, wenn du dich ständig ablenkst mit der Frage, ob du jetzt gerade im Zustand des Flow bist).
Jurgen Wolff ist der Verfasser und Herausgeber des creativity-Newsletters Brainstorm. Er hält weltweit Kreativitäts-Workshops ab, unter anderem an so renommierten Einrichtungen wie der Academy for Chief Exekutives, der Universität von Barcelona, dem Pilots Programme, der Bertelsmann-Stiftung, den Filmschulen in Köln, Berlin und München und an vielen weiteren, und er war Dozent in Los Angeles an der Universität von Südkalifornien. Er ist zertifizierter Hypnotherapeut und NLP-Fachmann (Praktiker).
Sein Blog (timetowrite.blogs.com) und sein Free E-Bulletin wollen dir helfen, die Zeit, die Energie, die Motivation und die Inspiration zu finden, um zu schreiben, was immer das Zeug hält.